Wenn du deine Berufung lebst, finden Arbeit und Leben nicht mehr getrennt voneinander statt

Stell dir vor, du gehst nachts durch eine unbeleuchtete Straße in einer Stadt. Plötzlich schält sich ein bewaffneter Mann aus einer dunklen Ecke und versperrt dir den Weg. Er bedroht dich: „Geld oder Leben!“ Was würdest du wählen? Würdest du auf dein Leben verzichten, um dein Geld behalten zu können? Ich wage zu behaupten, dass du das Leben wählen würdest, denn alles andere würde absolut keinen Sinn machen.

Es stellt sich jedoch die Frage: Warum tust du dann in Bezug auf deine Arbeit genau das Gegenteil? Du verzichtest auf dein Leben, um Geld zu bekommen.

Mir ist bewusst, dass dies eine ungeprüfte Annahme ist, die vielleicht auf dich gar nicht zutrifft. Und dennoch trifft sie wohl für einen Großteil der Bevölkerung zu. Eine Antwort auf die Frage könnte sein, dass es uns in der Regel nicht bewusst ist, dass wir für Geld bzw. Sicherheit unser Leben opfern. Einfach weil es zum Kontext gehört, in dem wir leben. Es ist Normalität. Wir haben diese Entweder-Oder-Geschichte so verinnerlicht, dass wir sie für wahr halten.

In dieser Geschichte sind Arbeit und Leben voneinander getrennt. Wahrscheinlich kennst du den Spruch „Arbeitest du, um zu leben oder lebst du, um zu arbeiten?“ Dabei wird in unserer Kultur ganz klar Zweiteres als negativ angesehen. Und wir merken gar nicht, dass wir, wenn wir Ersteres anstreben, automatisch drei Grundannahmen treffen, die unser Leben enorm limitieren:

Grundannahme # 1. Arbeit und Leben sind voneinander getrennt und unvereinbar.

Wenn du arbeitest, um zu leben, werden Arbeit und Leben voneinander getrennt und zu unvereinbaren Gegensätzen deklariert. Leben kann dann nur außerhalb der Arbeit stattfinden – was schwierig ist, denn in der Regel verbringen wir die meiste Zeit mit bzw. in der Arbeit. Echtes Leben wird dann auf die Freizeit, den Urlaub und auf die Rentenzeit verschoben. Das Dumme ist nur, dass wir in der Freizeit meist viel zu müde sind, um in vollen Zügen zu leben. Und wenn wir in Rente gehen, ist ein Großteil unserer Lebenszeit unwiederbringlich vorbei.

Grundannahme # 2. Arbeit ist reines „Mittel zum Zweck“

Wenn du arbeitest, um zu leben, wird Arbeit zum reinen „Mittel zum Zweck“ degradiert. Da geht es nicht mehr um Freude, Inspiration oder Bestimmung, sondern rein darum, dass die Arbeit das Leben finanziert. Und je besser sie das tut, d.h. je besser sie bezahlt wird, umso höherwertig wird die Arbeit angesehen. Als Mittel zum Zweck wird Arbeit dann schnell auch zur lästigen Pflicht – zu einem Muss. Das Wort Arbeit hatte ja auch die ursprüngliche Bedeutung „Mühsal, Plage“. Die Montag-Morgen-Depression und die Freitag-Nachmittag-Euphorie sind typische gesellschaftliche Ausprägungen dieser Geschichte. Hör einfach mal Freitag nachmittags Radio und du wirst dieses Phänomen in unterschiedlichsten Varianten aufgetischt bekommen: „Haltet durch, liebe Hörer! Bald ist Feierabend und wir haben es geschafft!“

Grundannahme # 3. „Geld verdienen“ ist Lebens-Voraussetzung

Wenn du arbeitest, um zu leben, deklarierst du das Geldverdienen zu einer Grundvoraussetzung. Daraus folgt: ohne Geld kein Leben! Solange du diese Geschichte für wahr hältst und in dir trägst, wird dein Leben von dem Wunsch nach Sicherheit durch Geld dominiert. Geldverdienen wird zur höchsten Priorität – denn schließlich wollen wir ja leben. Dies ist allerding keine Lebens-Strategie sondern eine Überlebens-Strategie. Unbewusst wird damit Leben mit Überleben gleichgesetzt.

Wenn du diesen drei Grundannahmen auf den Leim gegangen bist, sitzt du in Bezug auf deine Berufung in der Falle. Du wirst deine Berufung weder finden noch leben können. Denn dazu ist eine andere Geschichte mit anderen Grundannahmen notwendig, die es dir ermöglicht deine Ausrichtung weg von der Sicherheitsorientierung hin zur Bestimmungsorientierung zu verlagern! Deine Priorität weg vom Überleben hin zum Leben.

Diese neue Geschichte bzw. Perspektive betrachtet Arbeit nicht mehr sicherheitsorientiert, sondern bestimmungsorientiert. Dadurch bekommt „Arbeit“ eine andere Bedeutung.

Arbeit

Sicherheitsorientiert

Bestimmungsorientiert

Arbeiten und Leben sind getrennt Arbeit ist Teil des Lebens
Priorität: Geldverdienen (= Arbeiten, um zu leben) Priorität: Bestimmung leben (Leben, um die eigene Bestimmung in die Welt zu bringen)
Karriere machen Etwas Größerem dienen als sich selbst
Anerkennung bekommen Talente zur Verfügung stellen
Überleben Sein / Leben
Seine Pflicht tun Einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten
Arbeitnehmer sein Selbstverantwortlich sein
Gehorchen, Regeln befolgen Eigene Autorität entwickeln
Zeit teilt sich auf in Arbeitszeit und Freizeit Es gibt nur Lebenszeit 7 Tage/24 Stunden
Ich brauche Urlaub, um mich vom Stress & Mühsal zu erholen Ich mache bewusste Pausen
Angst vor Arbeitslosigkeit Eine eigene Spielwelt kreieren,
Arbeitslosigkeit ist eine Illusion
Ich muss mich anpassen, um für Arbeitgeber
attraktiv zu sein
Ich lebe meine eigene Wahrheit
Ist mühsam und anstrengend Macht Freude und ist anspruchsvoll
Motor: Bezahlung, vermeintliche Sicherheit Motor: Inspiration, Begeisterung

Mit dieser bestimmungsorientierten Betrachtungsweise von Arbeit, würden wir dann nicht mehr arbeiten, um zu leben, sondern wir wären einfach unsere Bestimmung in Aktion.

Aber warum machen wir eigentlich immer eine Entweder-Oder-Geschichte daraus – eine Geld-oder-Leben-Geschichte? Es gibt genügend Beispiele von Menschen, die ihrer Bestimmung folgen und ihre Berufung leben und dabei ganz automatisch genug Geld verdienen. Menschen, die die Trennung von Arbeit und Leben aufgelöst haben und sich und ihr Leben dem widmen, was sie wirklich inspiriert. Nicole Rupp, ihres Zeichens Geldcoach sagt: „Geld ist das was folgt, wenn du deiner Berufung folgst.“ Warum glauben wir lieber unserer anerzogenen, von der Gesellschaft genährten Entweder-Oder-Geschichte, anstatt uns diese Beispiele als Beweise zu nutzen, dass etwas anderes möglich ist? Nämlich, dass wir unserer Bestimmung folgen und genug Geldverdienen können?

Meine Vermutung: Wir benutzen diese alte Geschichte, um keine Verantwortung dafür übernehmen zu müssen, dass wir unsere Berufung nicht leben. Wir lieben unser „Es geht nicht, weil …“, denn das ist super bequem. Wir müssen nichts verändern und können trotzdem kräftig über unsere Situation und Arbeit jammern. Denn wenn wir der neuen Geschichte Glauben schenken, haben wir keine Ausrede und kein Hintertürchen mehr! Dann gibt es einfach keinen Grund mehr, um sich nicht auf den Weg zu machen, die eigene Berufung zu entdecken und zu leben –und das könnte herausfordernd werden.

Die Frage ist also nicht: Geld oder Leben? Die Frage ist: „Willst du leben und deiner Bestimmung folgen oder dich vermeintlich sicher fühlen?“

Herzlichst,

Eure Patrizia