Um deine Berufung zu leben, bedarf es einer Initiation ins verantwortliche Erwachsensein

In meinem letzten Artikel habe ich ja bereits über die ersten vier Faktoren gesprochen, die es uns oftmals schwer machen, unsere Berufung zu leben.

  1. Du benutzt das Betriebssystem Überleben 8 statt Bestimmung 1.0
  2. Du glaubst deinen eigenen Geschichten
  3. Du hast deine Gefühle – insbesondere die Angst – noch nicht in Besitz genommen
  4. Du hast deine Unterwelt noch nicht in Besitz genommen

Heute möchte ich kurz den zweiten Teil dieser Hinderungsfaktoren skizzieren und was es braucht, um sie zu überwinden.

5. Du bist hypnotisiert vom vorherrschenden System und glaubst, nur aus dem wählen zu können, was dir angeboten wird

Wir wachsen in einem System auf. Und dieses System wiederum hat einen Kontext. Der Kontext bestimmt, welche Spiele in dem System gespielt werden und welche Spielregeln gelten. Diese werden von den Mitspielern im System als gegeben betrachtet und meist nicht hinterfragt. Der Kontext bestimmt zum Beispiel auch, wie die Arbeitswelt im System funktioniert. In unserem westlichen modernen Kontext hat Arbeit bisher folgendermaßen funktioniert: Hauptziel von Arbeit ist es, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn du fleißig bist und/oder Glück hast, ergatterst du sogar einen Job, der dir mehr einbringt, als das reine Überleben – dann kannst du ein angenehmes Leben oder sogar ein Leben in Luxus führen. (Bestimmung und Inspiration als Motivation des Handelns stehen erst an zweiter oder dritter Stelle.)

Um dieses Ziel zu erreichen musstest du eine gute Schulausbildung haben, eine Lehre oder ein Studium absolvieren und dann einen gut dotierten Job als Angestellter in einem renommierten Unternehmen finden. Dort hast du dann Karriere gemacht, wenn du gut warst. Sobald du zur Schule gingst, wurdest du darauf vorbereitet, diesen Weg einzuschlagen. Du lerntest, was dir die Schule vorgab und alle lernten (fast) das gleiche. Daher bist du es gewohnt, aus vorhandenen Ausbildungs- und Studiengängen zu wählen, selbst wenn dich der Inhalt vielleicht nur zum Teil interessiert. Du bist der Überzeugung, dass es nichts anderes gibt, aus dem du wählen kannst. Du suchst dir aus den angebotenen Stellenanzeigen einen Job, der halbwegs zu dir passt und versuchst beim Vorstellungsgespräch einen möglichst guten Eindruck zu machen. Mit Leidenschaft und Inspiration hat das schon längst nichts mehr zu tun. Der ganze Vorgang erinnert mehr an Aschenputtels Stiefschwestern, die sich eine Zehe oder die Ferse abschneiden, um in den Schuh ihrer Schwester zu passen und den Prinzen zu heiraten.

Was, wenn deine Berufung ein Job ist, der nicht in den Stellenanzeigen und Jobportalen angefragt wird? Eine Dienstleistung, von der Unternehmen oder die Welt noch nicht mal wissen, dass sie sie brauchen?

 Das Geheimnis:

Weil etwas lange Zeit funktioniert hat, heißt das nicht, dass dies weiterhin funktioniert. Die Zeiten ändern sich und das System hinkt hinterher. Neben dem einen vorgegebenen, linearen Weg gibt es unendlich viele, nichtlineare Möglichkeiten, um der Welt genau das zur Verfügung zu stellen, was sie braucht, dich inspiriert und dich gleichzeitig ernährt. Es gibt neben dem offensichtlich angebotenen Studiengängen, viele andere Möglichkeiten, genau das zu lernen, was du lernen willst oder was gebraucht wird. Wählen und Entscheiden ist eine unveräußerliche Kraft, die du jederzeit nutzen kannst. Du kannst jederzeit auch aus dem wählen, was nicht angeboten wird. Stelle dir dein eigenes Studium zusammen und erschaffe dir deinen eigenen „Arbeitsraum“. Lebe deine Berufung, anstatt zu arbeiten.

Wo beschränkst du deine Wahl auf das vorhandene Angebot und passt dich damit dem System an?

 Voraussetzung Nr. 5:
Du erkennst, dass deine Kraft des Wählens nicht auf das beschränkt sein muss, was das System vorgibt. Du beginnst bewusst auch aus dem zu wählen, was nicht angeboten wird, weil es deiner Bestimmung entspricht – auch wenn diese Wahl Unsicherheit bedeutet. Dir ist bewusst, dass Sicherheit eine Illusion ist. Du schaffst dir durch deine Entscheidungen aktiv ein Umfeld, in welchem du deine Bestimmung in Aktion sein kannst. Du bist in der Lage zentriert zu bleiben, wenn dein Umfeld dir mitteilt, dass dies unmöglich ist.

 

6.   Du lebst das Leben eines anderen

Es gibt eine Menge alter gespeicherter Gefühle und Geschichten in dir, die alle ihre Wirkung in deinem Leben entfalten, ohne dass du dir darüber bewusst bist. Und einige dieser Geschichten und Gefühle gehören noch nicht einmal dir. Du hast sie von anderen (ungeprüft) übernommen.

Ich bin in einem Elternhaus groß geworden, in dem Geld immer knapp war und deshalb hart dafür gearbeitet wurde. Die Angst meiner Eltern, die drei Kinder nicht ernähren zu können, war für mich als Kind deutlich spürbar und ein ständiger Begleiter. Und diese Angst habe ich in den 18 Jahren, die ich zuhause verbracht habe, bis in die letzte meiner Zellen aufgesogen. Dies führte dazu, dass ich später in meinem „erwachsenen“ Leben ebenfalls immer diese Existenzangst mit mir herumtrug, selbst in Zeiten, in denen ich genügend Geld zur Verfügung hatte. Und ich arbeitete hart – bereits als Studentin. Bis mir irgendwann klar wurde, dass diese Angst nicht meine Angst war, sondern die Angst meiner Eltern. Auch die Geschichte, dass Arbeit hart sein muss und kein Vergnügen darstellt, konnte ich als die Geschichte meiner Eltern identifizieren und sie dadurch loslassen.

Auch unausgesprochene und ausgesprochene Erwartungen haben manchmal zur Folge, dass du dich diesen Erwartungen anpasst und dadurch das Leben eines anderen führst, anstatt deine ureigene Berufung zu leben:

  • „Du sollst es mal besser haben, als wir!“
  • „Zuerst machst du dein Studium fertig und dann trittst du in meine Fußstapfen und übernimmst das Geschäft.“
  • „Mach doch erst einmal etwas Vernünftiges, bevor du diese brotlose Kunst erlernst.“
  • „Wir sind eben eine Familie von Rechtsanwälten – mein Großvater war Rechtsanwalt, mein Vater auch und ich bin ebenfalls Rechtsanwalt. Was liegt da für dich näher?“
  • „Ich wäre so gerne Ärztin geworden, aber damals hatten wir noch nicht eure Möglichkeiten und mit den Kindern wäre das sowieso nicht gegangen. Wie wäre es mit einem Medizin-Studium?“

Und wie gesagt, diese Erwartungen müssen noch nicht einmal offen ausgesprochen worden sein – es reicht, wenn diese Erwartungen energetisch zwischen den Zeilen wirken und du darauf anspringst.

Das Geheimnis:

Wenn du herausfindest, welche Geschichten, Erwartungen und Gefühle in Bezug auf Arbeit, Geld, Sicherheit, etc. du von anderen übernommen hast, kannst du diese ganz leicht wieder an ihre Besitzer zurückgeben. Da sie nicht zu dir gehören, kannst du sie auch problemlos wieder gehen lassen. Dazu ist es oftmals notwendig, eine klare Grenze gegenüber deinen Eltern oder anderen Autoritäten zu setzen und dir dadurch deine eigene Autorität von diesen zurückzuholen.

Welche Geschichten, Erwartungen und Gefühle in Bezug auf Arbeit, Geld, Sicherheit, usw. hast du von anderen übernommen?

Voraussetzung Nr. 6:
Du identifizierst, welche Geschichten, Erwartungen und Gefühle du von anderen (z.B. von Autoritäten und Institutionen) übernommen hast, die dich daran hindern, deine Berufung zu leben. Du setzt diesen Autoritäten – z.B. in einem sicher gehaltenen Gefühlsprozess – eine klare Grenze und holst dir damit deine eigene Autorität für dein Leben zurück. Du hörst damit auf, dein Zentrum und damit deine Kraft an externe Autoritätspersonen und Institutionen abzugeben und es anderen recht zu machen.

7.   Uralte unbewusste Entscheidungen sind immer noch in dir aktiv

Neben internalisierten Gefühlen von anderen, können dich auch Entscheidungen, die du in traumatischen Situationen in deiner Vergangenheit bewusst oder unbewusst getroffen hast, davon abhalten, deine Berufung zu leben. Dies können Entscheidungen sein, die du bereits in deiner frühen Kindheit, während deiner Geburt oder sogar noch früher getroffen hast. Mit der ‚Verdrängung‘ des traumatischen Erlebnisses und der damit zusammenhängenden Gefühle, verschieben wir auch diese Entscheidungen in unser Unterbewusstsein, von wo aus diese unbemerkt ihre Wirkung entfalten können, um unser Überleben zu sichern.

Hier wieder ein kleines Beispiel aus meinem eigenen Leben: Ich kann mich an eine Situation in meiner Kindheit erinnern, in der ich so eine Entscheidung getroffen habe – es war sogar viel mehr als eine Entscheidung, es war ein Schwur. Aufgrund eines traumatischen Erlebnisses mit meiner Mutter habe ich mir in diesem Moment geschworen, dass niemals mehr irgendjemand je wieder so viel Macht über mich haben wird, wie meine Mutter sie über mich als Kind hatte. Die Folge war, dass ich mich in meinem frühen erwachsenen Leben nichts und niemandem anvertrauen konnte, mich zu nichts verpflichten konnte, mir immer ein Hintertürchen offen ließ und immer irgendwo eine gepackte Tasche hatte, um notfalls zu verschwinden. Mich in den Dienst meiner Berufung zu stellen, war durch die Wirkung dieses Schwurs nicht möglich.

Traumatische Erlebnisse wie Bloßstellung, Vernachlässigung, Verfolgung, Bestrafung, Missbrauch usw. können dazu führen, dass du in dem Moment z.B. die Entscheidung triffst, dich nie wieder so zu zeigen, wie du wirklich bist, nicht mehr wirklich präsent zu sein und dich lieber zu verstecken, niemandem zu vertrauen und kein Risiko einzugehen, dich zu rächen oder deine Berufung von dir zu weisen.

Das Geheimnis:

Diese alten Entscheidungen sind zusammen mit den traumatischen Situationen und den durchlebten Gefühlen in deinem Körper gespeichert. Durch bewusste Gefühlsarbeit in einem sicher gehaltenen Prozess können diese Erinnerungen und damit auch die alten Entscheidungen wieder ins Bewusstsein geholt und durch neue Entscheidungen ersetzt werden, die es ermöglichen deine Bestimmung in Aktion zu sein.

 Welche alten, überholten Entscheidungen bestimmen dein Leben?

Voraussetzung Nr. 7:
Du hast mindestens 10 bis 12 persönliche Gefühlsprozesse durchlaufen, in denen du unausgedrückte Gefühle ausgedrückt, alte hemmende Entscheidungen aus vergangenen traumatischen Situationen in dein Bewusstsein geholt und durch neue erwachsene und verantwortliche Entscheidungen ersetzt hast, die dich nun in die Lage versetzen, deine Bestimmung in Aktion zu sein.

 

8.   Berufung zeigt sich erst ab einem bestimmten Grad an Verantwortung

Im Grunde stellt der achte Faktor eine Zusammenfassung der ersten 7 Voraussetzungen dar. Denn um all die Dinge zu tun, die unter 1 bis 7 erwähnt sind, braucht es Mut und Bereitschaft, die eigene Komfortzone zu verlassen. Berufung zu leben hat nichts damit zu tun, dich wohl zu fühlen. Das ist zumindest nicht der Zweck von Berufung – es kann ein Resultat sein, aber es ist nicht das primäre Ziel von Berufung. Das primäre Ziel von Berufung ist, dich und deine Talente zur Verfügung zu stellen und im Dienste von etwas größerem zu stehen.

Deshalb wird sich Berufung auch erst deutlich zeigen, wenn du bereit bist den Schritt in radikale Verantwortung zu gehen. Wenn du bereit bist, auf deine lieb gewonnenen Ausreden und Hintertürchen zu verzichten. Wenn der Schmerz darüber, einen Tag lang nicht deine Berufung zu leben größer wird, als deine Angst zu sterben.

Solange du aber an einem Arbeitssystem hängst, das alle Beteiligten davon abhält, radikale Verantwortung zu übernehmen, weil es auf Sicherheit und Überleben und auf Abhängigkeit ausgerichtet ist, anstatt auf Sinnerfüllung und Berufung, wird sich Bestimmung in deinem Leben nicht zeigen! Solange du lieber Opfergeschichten über die Umstände erzählst, als die Umstände so zu gestalten, dass du deine Berufung leben kannst, wird sich Bestimmung in deinem Leben nicht zeigen!

Das Geheimnis:

Unter Umständen ist es notwendig, zunächst die eigene Sichtweise in Bezug auf Verantwortung zu ändern. In unserer Gesellschaft wird Verantwortung nicht unbedingt als attraktiv betrachtet, sondern vielmehr als etwas, das es zu vermeiden gilt. Die folgende Landkarte macht dies deutlich und offenbart gleichzeitig das Geheimnis in Bezug auf Verantwortung:

Verantwortung

Bist du bereit, radikale Verantwortung zu übernehmen und dich mit allen Konsequenzen in den Dienst deiner Berufung zu stellen, auch wenn du dafür deine Komfortzone verlassen musst?

Voraussetzung Nr. 8:
Du übernimmst radikale Verantwortung für dein Leben und bist dir bewusst, dass dies keinen Endzustand, sondern einen fortlaufenden Akt der Entscheidung und Schöpfung darstellt. Dir ist bewusst, dass alles was du tust und was du lässt, entsprechende Resultate erzeugt. Du machst die Umstände nicht mehr dafür verantwortlich, dass du deine Berufung nicht leben kannst, sondern nutzt die in 1 bis 7 erworbenen Voraussetzungen dafür, dir von Moment zu Moment verantwortlich diejenigen Umstände zu kreieren, die es dir ermöglichen, dich in den Dienst deiner Berufung zu stellen.

 

All die in diesem Artikel geschilderten Geheimnisse und Voraussetzungen stellen nichts anders dar, als einen modernen Initiationsprozess ins verantwortliche Erwachsensein. Ein Buch oder eine intellektuelle Beratung können keinen Ersatz dafür darstellen. Es steht also alles zu deiner Verfügung, was du brauchst, um dich auf den Weg zu deiner Berufung zu machen – allerdings nur, wenn du selbst die Verantwortung dafür übernimmst.

 

Herzlichst,

Deine Patrizia

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